Wissenschaftlich bestätigt: Training über das Muskelversagen hinaus fördert stärkeres Muskelwachstum | ATLETICA

Muskelaufbau über Muskelversagen hinaus: Kurzhantel Training

Wer regelmäßig trainiert, kennt das Prinzip: Trainiere bis zum Muskelversagen – also bis keine weitere Wiederholung mehr möglich ist. Doch was, wenn das Limit gar nicht das Ende ist?

Eine neue Studie aus dem Jahr 2025, veröffentlicht in Frontiers in Psychology, zeigt:
Zusätzliche Teilwiederholungen nach dem Muskelversagen können das Muskelwachstum signifikant verstärken – selbst bei trainierten Personen.

Diese Erkenntnis könnte dein Verständnis von Intensität im Krafttraining grundlegend verändern.

Parallettes Plank

Die Studie: Wie weit kann man über das Muskelversagen hinausgehen?

Die Forscher wollten wissen, ob sogenanntes „Past-Failure-Training – also das Fortsetzen der Bewegung mit Teilwiederholungen nach dem momentanen Versagen – zu größerer Hypertrophie führt als herkömmliches Training.

Teilnehmer & Aufbau

  • 23 gesunde Probanden, durchschnittlich 26 Jahre alt
  • Trainingsdauer: 10 Wochen
  • Trainingsmethode: Wadenheben an der Smith-Maschine (medialer Gastrocnemius)
  • Design: Jedes Bein wurde unterschiedlich trainiert
  • Bein A: regulär bis zum Muskelversagen (momentary failure)
  • Bein B: bis zum Muskelversagen + 3 Teilwiederholungen in gedehnter Position (past-failure partials)
  • Messung: Muskelquerschnitt und Muskelstärke per Ultraschall vor und nach der Intervention
    (Quelle: Frontiers in Psychology, 2025, DOI: 10.3389/fpsyg.2025.1494323)

Ergebnisse: Mehr Wiederholungen – mehr Wachstum

1. Signifikanter Unterschied im Muskelzuwachs

Nach 10 Wochen zeigte das Bein mit den zusätzlichen Teilwiederholungen ein Muskelwachstum von +9,6 %, während das Kontrollbein (nur bis Versagen) nur +6,7 % erreichte.
Das entspricht einem Zusatzwachstum von rund 43 % – allein durch wenige Sekunden zusätzlicher Belastung.

2. Keine erhöhte Verletzungsrate

Trotz der höheren Intensität traten keine Verletzungen oder Überlastungen auf.
Die Teilwiederholungen wurden kontrolliert und mit angepasstem Gewicht durchgeführt – ein entscheidender Punkt, der das Past-Failure-Prinzip praktikabel macht.

3. Neuromuskuläre Aktivierung

Die Studie deutet darauf hin, dass Past-Failure-Training eine stärkere Rekrutierung von schnell zuckenden Muskelfasern (Typ II) auslöst – jene Fasern, die für sichtbaren Muskelzuwachs verantwortlich sind.

Back Squat an der Multipresse

Was bedeutet das für die Trainingspraxis?

Das Training bis zum Versagen war lange die goldene Regel für Muskelaufbau.
Doch diese Studie legt nahe: Über das Versagen hinauszugehen – gezielt und kontrolliert – kann den entscheidenden Unterschied machen.

Warum Teilwiederholungen so effektiv sind

  • In der gedehnten Position bleibt die Spannung auf dem Muskel maximal.
  • Zusätzliche Teilbewegungen sorgen für kontinuierliche Muskelspannung, selbst wenn vollständige Wiederholungen nicht mehr möglich sind.
  • Der Körper reagiert mit einer verstärkten Aktivierung motorischer Einheiten, um die Bewegung fortzusetzen.

Das erzeugt nicht nur mehr mechanische Spannung, sondern auch eine höhere metabolische Belastung – zwei Schlüsselfaktoren für Hypertrophie.

Trainingsanwendung: So setzt du Past-Failure-Training richtig ein

Hier ein praxistauglicher Leitfaden, wie du diese Erkenntnisse in dein Workout integrierst – sicher, kontrolliert und effektiv.

1. Wähle gezielt Muskelgruppen

Past-Failure-Training eignet sich besonders für:

  • Waden (wie in der Studie)
  • Bizeps-Curls
  • Brust (z. B. an der Maschine oder im Kabelzug)
  • Trizeps Pushdowns

Weniger geeignet: komplexe Mehrgelenksübungen (Kniebeugen, Kreuzheben) – dort steigt das Verletzungsrisiko deutlich.

2. Nur im letzten Satz anwenden

Führe 1–2 reguläre Sätze bis zum Muskelversagen aus.
Dann im letzten Satz 2–3 Teilwiederholungen über das Versagen hinaus – z. B. nur im oberen oder unteren Bewegungsdrittel.

Übungen am Kabelzug

3. Konzentriere dich auf Technik & Kontrolle

  • Keine Schwungbewegungen
  • Langsame, bewusste Ausführung
  • Spannung halten, bis der Muskel wirklich versagt

4. Frequenz & Regeneration

  • Max. 1–2 Mal pro Woche pro Muskelgruppe
  • Anschließend 48–72 Stunden Regenerationszeit
  • Past-Failure belastet Nervensystem & Muskelfasern intensiver – Qualität > Quantität

Mechanismen hinter dem Erfolg: Warum es funktioniert

Die Autoren erklären den Vorteil durch mehrere physiologische Faktoren:

  1. Erhöhte intramuskuläre Spannung
    Durch Teilbewegungen im gedehnten Zustand bleibt der Muskel unter Dauerlast – ein Hauptauslöser für Wachstumsreize.
  2. Rekrutierung zusätzlicher Muskelfasern
    Der Körper aktiviert tieferliegende motorische Einheiten, die bei normalen Wiederholungen nicht beansprucht werden.
  3. Metabolischer Stress
    Durch unvollständige Erholung innerhalb der Bewegung steigt der lokale Laktatspiegel, was hormonelle Wachstumsprozesse stimuliert.
  4. Verstärkte Signalweiterleitung (mTOR-Aktivierung)
    Studien zeigen, dass anhaltende Spannung den mTOR-Signalweg stärker aktiviert – entscheidend für Proteinsynthese und Muskelaufbau.

Kritische Betrachtung & Grenzen der Studie

Nur 23 Teilnehmende, davon die meisten Freizeitsportler – Ergebnisse könnten bei Profisportlern variieren.

  • Die Untersuchung beschränkte sich auf Wadenmuskulatur – Übertragbarkeit auf große Muskelgruppen (z. B. Beine, Brust, Rücken) noch offen.
  • Nur 10 Wochen Studiendauer – langfristige Effekte müssen noch erforscht werden.
  • Kein Vergleich zu anderen Intensitätstechniken (z. B. Drop-Sets, Rest-Pause-Training).

Trotzdem liefert die Studie einen wertvollen Hinweis darauf, wie geringe Modifikationen im Satzaufbau neue Wachstumsreize setzen können.

Fazit: Mehr Mut zur Intensität

Die Ergebnisse zeigen klar:
Training bis zum Versagen ist effektiv – aber Training über das Versagen hinaus ist noch effektiver, wenn es gezielt eingesetzt wird.

Past-Failure-Teilwiederholungen bieten eine einfache, aber hochwirksame Möglichkeit, den Muskel stärker zu fordern und Stagnation zu durchbrechen.
Kontrolle, bewusste Ausführung und ausreichende Erholung sind dabei entscheidend.

Quelle: Frontiers in Psychology, 2025, „Resistance training beyond momentary failure: The effects of past-failure partial repetitions on muscle hypertrophy(DOI: 10.3389/fpsyg.2025.1494323)

Kurzhantel Übungen auf der Hantelbank

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