Nachdem wir die Makronährstoffe, unsere primären Energiequellen, gründlich beleuchtet haben, richten wir in diesem Artikel unseren Fokus auf die Mikronährstoffe. Diese umfassen Vitamine, Mineralstoffe, (proteinogene) Aminosäuren, (essenzielle) Fettsäuren sowie sekundäre Pflanzenstoffe, die für zahlreiche biochemische Prozesse unerlässlich sind. Anders als Fette oder Kohlenhydrate sind Mikronährstoffe keine Energieträger, sondern übernehmen in unseren Zellen wichtige Funktionen als Antioxidantien, Cofaktoren oder als Bausteine von Coenzymen und Hormonen. Mikronährstoffe sind an sämtlichen Immunreaktionen beteiligt. Zu weiteren wichtigen Funktionen gehören die Energieproduktion und die Synthese von DNA. Obwohl sie nur in geringen Mengen benötigt werden, können Mikronährstoffdefizite, gerade bei Risikogruppen (Kinder, Jugendliche, Schwangere und älterer Personen) zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen führen. Eine adäquate Versorgung mit Mikronährstoffen (Vitaminen) ist notwendig um das Fortschreiten altersbedingter Erkrankungen (z.B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Osteoporose) zu verhindern bzw. zu verzögern.
Mikronährstoffe werden im Vergleich zu Makronährstoffen nur in geringer Menge benötigt, generell weniger als 100 Milligramm gegen mehrere Gramm bei Makronährstoffen wie Kohlehydraten. Da jedoch ihre Konzentrationen in unserer Nahrung ebenfalls vergleichsweise gering sind, ist es dennoch wichtig, auf eine ausreichende Aufnahme zu achten und den Bedarf an unsere derzeitige Lebenssituation anzupassen. Dies ist besonders wichtig für uns engagierte Amateur- und Leistungssportler sowie für Personen in außergewöhnlichen Lebens- und Stresssituationen, wie z. B. Schwangerschaft, Krankheit, nach einer Operation oder in einer Prüfungsphase.
Im Klartext: Ohne diese essenziellen Nährstoffe würde unser Körper nicht effizient arbeiten. Sie sind für uns daher unverzichtbar, nicht nur präventiv, um unsere Gesundheit zu erhalten, sondern auch, um sie zu optimieren. Vitamine und Mineralstoffe arbeiten oft synergetisch zusammen, was bedeutet, dass die Aufnahme eines Nährstoffs die Aufnahme oder Funktion eines anderen beeinflussen kann.
Hier ein kurzer Überblick, welche Stoffe zu den Mikronährstoffen zählen:
- wasser- und fettlösliche Vitamine
- Mineralstoffe (Mengen- und Spurenelemente)
- proteinogene Aminosäuren
- essentielle Fettsäuren und
- Vitaminoide (vitaminähnliche Substanzen)
- sekundäre Pflanzenstoffe
Die Bedeutung von Vitaminen und Mineralstoffen
Wir konzentrieren uns in diesem Artikel auf die Vitamine sowie Mineralstoffe und geben dir einen schnellen Überblick über die wichtigsten Funktionen im Körper sowie deren Vorkommen in der Nahrung, um einen Mikronährstoffmangel mit den unerwünschten Begleiterscheinungen verhindern zu können.
Vitamine sind organische Substanzen oder auch Verbindungen. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, als Coenzyme bestimmte Stoffwechselprozesse zu regulieren und zu katalysieren1. Vitamine kommen sowohl in pflanzlichen als auch in tierischen Lebensmitteln vor.
Wir können Vitamine in vier Kategorien einteilen:
- essenziell
- bedingt essenziell
- wasserlöslich
- fettlöslich
Essenzielle Vitamine sind für uns lebensnotwendig und müssen über die Nahrung aufgenommen werden, da unser Organismus sie nicht endogen synthetisieren, also nicht selbst herstellen kann. Dazu zählen wir die Vitamine A, C, E, B1 (Thiamin), B2 (Riboflavin), B3 (Niacin), B5 (Pantothensäure), B6 (Pyridoxin), B7 (Biotin), B9 (Folsäure) und B12 (Cobalamin).
Die bedingt essenziellen Vitamine sind wie die Bezeichnung vermuten lässt, auch nur bedingt lebensnotwendig. Die Vitamine D, K2 und Niacin (B3) sind zum Teil von unserem Körper synthetisierbar, weshalb eine exogene Aufnahme für uns nur bedingt notwendig ist.
Wasserlösliche Vitamine müssen regelmäßig aufgenommen werden, da sie nicht längerfristig im Körper gespeichert werden können. Dazu zählen Vitamin C und die 8 Vitamine des B-Komplexes, wie u.a. Vitamin B6, Vitamin B12 und Folsäure. Alle wasserlöslichen Vitamine, die der Körper nicht verbraucht, werden über den Urin ausgeschieden. Eine Überdosierung wird somit verhindert. Wir finden die wasserlöslichen Vitamine in tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln, vor allem in Obst, Gemüse und Vollkornprodukten.
Die fettlöslichen Vitamine, zu denen die Vitamine A, D, E und K (als Eselsbrücke: EDEKA) gehören, werden im Fettgewebe, in Zellwände, Muskelfasern und vor allem in der Leber gespeichert. Unser Körper kann diese Vitamine nur aufnehmen, wenn sie in Nahrungsfette (Chylomikronen) eingebaut werden und über den Blutkreislauf gelangen2. Diese Vitamine sind in fettem Fisch, Leber, Eier und Milchprodukten enthalten. Ein Zuviel dieser Vitamine kann zu einer Überdosierung (höheres Toxizitätspotenzial) führen, da sie sich wie oben beschrieben im Fettgewebe und in der Leber anreichern4.
Jetzt das Wichtige! Für was benötigen wir die einzelnen Vitamine? Einige Beispiele unserer Hauptakteure findest du hier:
- Vitamin C (Ascorbinsäure) stärkt die Immunfunktion, unterstützt die Hautgesundheit und Wundheilung und wirkt als Antioxidans
- Vitamin D (Calciferole) unterstützt die Knochengesundheit durch Förderung der Kalziumaufnahme
- Vitamin A (Retinol) ist unverzichtbar für unsere Sehkraft, Hautgesundheit und Immunfunktion
- Vitamin E (α-, β-, Ꝩ-, δ- Tocopherol und Tocotrienole) wirkt als Antioxidans und schützt uns vor Zellschäden
- Vitamin K (Phyllo-, Menachinon) ist für die Blutgerinnung unerlässlich
- B-Vitamine spielen eine Schlüsselrolle bei der Energieproduktion und der Nervenfunktion vor allem unter Stresssituationen (B1 bzw. Thiamin), fördern Konzentrationsfähigkeit (B3 bzw. Niacin) und Wundheilung (B5 bzw. Pantothensäure), sind an Zell- und Blutbildung sowie Zellteilung beteiligt (B9 bzw. Folsäure)
Vorkommen:
Vitamine kommen in der Regel sowohl in pflanzlichen als auch in tierischen Nahrungsmitteln vor. Eine Ausnahme bilden die Vitamine B12 (Cobalamin) und Vitamin D, da diese nur in Spuren in der pflanzlichen Nahrung vorkommen und somit primär tierischen Ursprungs sind. Um deinen Bedarf zu decken solltest du sie über tierische Produkte oder Nahrungsergänzungsmittel zuführen, wenn du dich vegan ernährst. Darüber hinaus können besonders Vitamine durch Kochen oder Verarbeitung von Lebensmitteln verloren gehen. Bevor du Nahrungsergänzungsmittel supplementierst, ist es ratsam deine Blutwerte entweder über deinen Hausarzt oder Therapeuten messen lassen, um deinen individuellen Bedarf zu kennen. Ein kontinuierliches Screening der aufgenommenen Mengen ist wichtig, um gesundheitliche Probleme zu vermeiden.
Mineralstoffe:
Mineralien bzw. Mineralstoffe sind lebensnotwendige anorganische Nährstoffe, welche in gelöster Form in Wasser, im Boden und in Nahrungsmittel enthalten sind. Sie regulieren nicht nur die Nerven- und Muskelfunktion, sondern auch die Funktion des Wasser- und Säure-Basen-Haushaltes. Mineralstoffe wie Calcium sind, neben Vitamin D, am Knochenaufbau und an der Hormonbildung beteiligt.
Sie werden in Mengen- und Spurenelemente unterteilt und sind in zahlreichen tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln enthalten.
- Beispiele für Mengenelemente sind:
- Calcium: entscheidend für die Knochenstärke, die Muskelkontraktion und die Nervenübertragung5.
- Vorkommen: gute Quellen sind Milch und Milchprodukte, insbesondere Hartkäse wie z.B. Emmentaler und Parmesan, grüne Gemüsesorten5 und calciumreiche Mineralwässer (>150 mg/ Liter)5,6
- Magnesium: beteiligt an Hunderten von enzymatischen Reaktionen5
- Vorkommen: in nur wenigen Lebensmittel wie Weizenkeime und -kleie, Sonnenblumenkerne und Vollkornprodukte5.
- Kalium: von zentraler Bedeutung für den Elektrolyt- und Wasserhaushalt sowie die Funktion von Zellen, Nerven und Muskeln5.
- Vorkommen Kartoffeln, Vollkornprodukte, Obst und Gemüse5
- Natrium: von zentraler Bedeutung für den Elektrolyt- und Wasserhaushalt sowie die Funktion von Zellen, Nerven und Muskeln5.
- Vorkommen: alle Käse- und Wurstwaren, Brot, generell ist Natrium als Bestandteil von Speisesalz (Natriumchlorid) in allen gesalzenen Lebensmitteln enthalten5. Dadurch nehmen wir eher zu viel, als zu wenig auf.
- Calcium: entscheidend für die Knochenstärke, die Muskelkontraktion und die Nervenübertragung5.
- Beispiele für Spurenelemente:
- Eisen: erforderlich für den Sauerstofftransport im Hämoglobin
- Vorkommen: in fast allen Lebensmitteln, jedoch in meist geringen Mengen. Gute Quellen sind Muskelfleisch und Leber, einige Gemüsesorten und Getreideprodukte (z.B. Haferflocken)5,7
- Zink: unterstützt die Immunfunktion und die Wundheilung
- Vorkommen: Austern, Getreidekeime, Kalbsleber und Nüsse5. Fleisch stellt aufgrund der besseren Verfügbarkeit die wichtigste Zinkquelle dar5.
- Selen: wichtig für Zellschutz, Immunsystem, Schilddrüsenfunktion und Entgiftung
- Vorkommen: der Selengehalt der Nahrung ist abhängig vom Proteingehalt der Lebensmittel, dementsprechend zählen Fleisch, Fisch und Innereien zu guten Selenlieferanten7
- Eisen: erforderlich für den Sauerstofftransport im Hämoglobin
Schlusswort:
Obwohl wir in den westlichen Industrieländern in einer Überflussgesellschaft leben, bedeutet es nicht, dass unsere Ernährung automatisch eine optimale Versorgung mit Mikronährstoffen gewährleistet. Dein Bedarf an Vitaminen und Mineralstoffen kann durch eine Vielzahl an Faktoren gesteigert sein, wodurch eine Unterversorgung vorliegen kann. Dazu zählen unter anderem Lebensstilfaktoren wie eine einseitige bzw. unausgewogene Ernährung, vegetarische oder vegane Ernährung sowie Reduktionsdiäten5, die darauf abzielen, die Kalorienzufuhr stark einzuschränken. Auch bei chronischen Erkrankungen und krankheitsbedingten Störungen, die die Aufnahme von Vitaminen und Mineralstoffen im Darm beeinträchtigen, kann es zu einer Unterversorgung kommen. Zudem kann der Bedarf an Vitaminen und Mineralstoffen in bestimmten Lebens- und Stressphasen und Risikogruppen, wie z.B. während einer Schwangerschaft (Folsäure und Vitamin B12)4, hohes Alter sowie bei physischem und psychischem Stress deutlich erhöht sein. Wenn dieser erhöhte Bedarf nicht durch deine Ernährung gedeckt werden kann, steigt dein Risiko für eine Unterversorgung.
Zusammenfassend können wir sagen, dass eine vielfältige und abwechslungsreiche Ernährung, welche du mit viel Gemüse, Obst, Proteinen und Fetten anreicherst, deine beste Prävention gegen eine Unterversorgung mit Vitaminen und Mineralstoffen darstellt. Vermeide stark verarbeitete Lebensmittel und Fertigprodukte. Bevorzuge stattdessen frische Nahrungsmittel mit geringem Verarbeitungsgrad und hoher Nährstoffdichte. Bist du in besonderen Lebenssituationen oder hast bestimmte gesundheitliche Einschränkungen, kann jedoch eine gezielte Supplementierung – am besten unter ärztlicher / therapeutischer Begleitung – sinnvoll sein, um deinen Körper optimal zu versorgen und Mangelerscheinungen vorzubeugen. Eine zu hohe Zufuhr an Vitaminen und Mineralstoffen und dadurch bedingte Überversorgung ist über die normale Ernährung nahezu ausgeschlossen3.
Die Funktionen der Makro- und Mikronährstoffe sind unglaublich vielfältig und wahrscheinlich noch nicht alle erforscht. Wir werden im nächsten Artikel die Wichtigsten mit ihren Hauptfunktionen betrachten, die für uns als Sportler besonders relevant sind.
Quellen:
1Gröber, U (2011) Mikronährstoffe: Metabolic Tuning, Prävention, Therapie (3. Auflage), WVG Wiss. Verl.-Ges.
2Strunz, Dr. med. Ulrich (2013) Vitamine, (6. Auflage), by Wilhelm Heyne Verlag, München
3BfR Bundesinstitut für Risikobewertung: Bewertung von Vitaminen und Mineralstoffen in Lebensmitteln. Zugriff am 06.07.24 unter: https://www.bfr.bund.de/de/bewertung_von_vitaminen_und_mineralstoffen_in_lebensmitteln-54416.html#:~:text=Vitamine%20und%20Mineralstoffe%20sind%20an,Knochen%2C%20Muskeln%20und%20Z%C3%A4hnen%20unverzichtbar
4 Suter, P.M. (2002) Checkliste Ernährung: 196 Tabellen. Checklisten der aktuellen Medizin, Georg Thieme Verlag
5Biesalski, H.K., Grimm, P., Nowitzki-Grimm, S. (2020). Taschenatlas Ernährung (8. Aufl). Thieme.
6Verordnung über natürliches Mineralwasser, Quellwasser und Tafelwasser (Mineral- und Tafelwasser-Verordnung). Anlage 6. Zugriff am 14.07.24 unter: https://www.gesetze-im-internet.de/min_tafelwv/BJNR010360984.html
7https://www.mikronaehrstoffcoach.com/de/at/mikronaehrstoffe.html
Elmadfa I. (2009). Ernährungslehre. (2. Aufl). UTB Stuttgart.
Elmadfa I., Leitzmann C. (2015). Ernährung des Menschen (5. Aufl). utb GmbH