Der Strict Press – König der funktionellen Oberkörper-Übungen| ATLETICA

Der Strict Press – König der funktionellen Oberkörper-Übungen| ATLETICA

Dennis | ATLETICA Dennis | ATLETICA
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Ein Teil der Menschheitsgeschichte

Das Überkopf-Drücken (engl. Strict Press, Overhead-Press oder Military-Press) gehört zu den ältesten Kraft-Übungen der Geschichte. Damals wie heute, wann immer ein Mensch seine körperliche Kraft unter Beweis stellen will, gibt es kaum eine naheliegendere Demonstration, als ein möglichst schweres Objekt vom Boden anzuheben und es über den eigenen Kopf zu drücken – man könnte also sagen: der Strict Press ist gewissermaßen Teil unserer DNA

Überkopf-Drücken

Selbst in unserem modernen Alltag, in dem körperliche Leistungsfähigkeit eine immer geringere Rolle spielt, ist das Ablegen oder kontrollierte Herunterheben eines Gegenstandes über dem eigenen Kopf ein regelmäßig vorkommender Bewegungsablauf. Ist man nicht mehr in der Lage, die benötigte Kraft oder Mobilität für diese Bewegung aufzubringen, bedeutet das eine deutliche Einschränkung in der Selbstständigkeit eines Menschen. Der Verlust solcher Fähigkeiten sind die ersten Schritte in Richtung Pflegeheim.

Also: je früher du also anfängst, den Strict Press in dein Training einzubauen, desto weiter entfernt sich der Tag, an dem du den jungen Mann von nebenan fragen musst, ob er dir die Kiste aus dem oberen Regal deines Kellers herunter holt.

Mehr Kraft für mehr Leistung

Aber auch im Rahmen von funktionellem Athletik-Training, das auf die Leistungssteigerung in einem bestimmten Sport abzielt, ist das Überkopf-Drücken vielleicht die nützlichste Übung, um den Oberkörper zu kräftigen. Das liegt vor allem daran, dass es sich natürlich hauptsächlich, aber nicht ausschließlich um eine Übung des Oberkörpers handelt. 

Ein generelles Merkmal effektiver funktioneller Übung ist die Beteiligung möglichst vieler Muskelgruppen und passiven Strukturen bei der Ausführung der Übung. 

Strict Press

Beim Überkopf-Drücken startet die kinetische Kette, entlang der die Kraft des Athleten übertragen wird, schon im Boden und verläuft über den gesamten Körper des Athleten bis zu dem Objekt, das er über den eigenen Kopf drückt. Alle Muskeln, Knochen, Bänder und Sehnen, die entlang dieser Kette liegen, werden angesprochen und stimuliert. Der Strict Press kräftigt somit nicht nur die Schultern und Arme, sondern zeitgleich auch die Muskeln im Bauch, Rücken und Gesäß.

Aus diesem Grund ist das Überkopf-Drücken besonders für eine Vielzahl von Sportlerinnen und Sportlern wertvoll. 

Wann immer ein Athlet in seiner Sportart, mithilfe seines Oberkörpers Kraft auf einen Gegner ausübt, einen Ball wirft oder einen Schläger schwingt startet seine kinetische Kette genau wie beim Strict Press im Boden und wird über seinen Körper in die Schultern und Arme übertragen. 

Zudem kann der Strict Press auch für die Vorbeugung oder Behandlung von Schulterverletzungen kann das Überkopf-Drücken ein sinnvolles Werkzeug sein.

Die richtige Ausrüstung

Prinzipiell kann der Strict Press mit einer großen Auswahl verschiedenen Equipments ausgeführt werden, wie zum Beispiel Kurzhanteln, Kettlebells, Sandsäcken oder Medizinbällen. Jede dieser Materialien hat ihre jeweiligen Eigenheiten und es lohnt sich immer, zu experimentieren und Kompetenz in der Nutzung verschiedener Trainingsgeräte aufzubauen. 

Kurzhanteln Überkopf-Drücken

Die vermutlich am weitesten verbreitete und nützlichste Variante ist das Überkopf-Drücken mit der Langhantel, weshalb wir uns in diesem Beitrag auf den Langhantel-Strict-Press konzentrieren werden. Die Prinzipien sind jedoch weitestgehend genauso auf andere Trainingsgeräte übertragbar.

Die korrekte Ausführung

Das richtige Setup

  • Wähle einen etwas weiter als schulterbreiten Griff. Dein Daumen umschließt die untere Seite der Stange.
  • Deine Griff sollte es dir erlauben, deine Ellenbogen etwas nach oben vor die Brust zu schieben.
  • Zu Beginn ruht die Stange gleichermaßen auf den Knochen deines Handballens (nicht in deiner Handfläche!) und auf den stolz gestreckten Muskeln deiner oberen Brust.
  • Hebe die Stange gerade aus den Ablagen deines Racks und nimm 1-3 Schritte zurück.
  • Wähle einen bequemen, etwa schulterbreiten Stand.
  • Fixiere mit deinem Blick einen gerade vor dir befindlichen Punkt auf Augenhöhe.
  • Ziehe deine Schulterblätter nach hinten-unten und schiebe deine Brust nach vorn heraus.
  • Nimm einen tiefen Atemzug, halte die Luft ein und spanne deinen gesamten Körper so stark an, wie du kannst.
  • Schiebe deinen Kopf gerade nach hinten, um der Stange einen möglichst direkten Weg von deinen Schultern über den Kopf zu ermöglichen. Stell dir vor, du wolltest deinem Gegenüber ein Doppelkinn präsentieren.

Die konzentrische Phase

  • Drücke die Stange nun möglichst gerade über den Kopf.
  • Sobald die Stange deine Stirn passiert hat, versuche deinen Kopf aktiv durch das “Fenster” zu strecken, das sich zwischen deinen Armen und der Hantel bildet. Dadurch machst du dir nicht nur den “Lock-Out” der Bewegung einfacher, du schützt gleichzeitig auch deinen Nacken vor Verletzungen.
  • Bewahre eine aktive Schulterposition, indem du während der gesamten Bewegung versuchst, deine Achseln nach vorn zu drehen.

Das richtige Absetzen

  • Nachdem du die Aufwärtsbewegung mit komplett durchgestreckter Hüfte und Armen abgeschlossen hast, beginne mit der Abwärts-Bewegung, indem du den Kopf wieder nach hinten in deine “Doppelkinn-Position” bringst und so der Stange Platz auf dem Weg zurück zu den Schultern machst.
  • Führe die Stange kontrolliert zurück in dein Front Rack und federe bei schweren Gewichten gegebenenfalls mit den Knien nach, um etwas Schwung abzufangen.
  • Wiederhole den Ablauf entsprechend deiner gewünschten Wiederholungszahl. Wenn du deinen Satz beendet hast, laufe mit der Langhantel zurück in dein Rack hinein, bis du den Kontakt von Stange und Rack hörst und du die Stange sicher ablegen kannst.

Überkopf-Drücken mit Hexagon Hanteln

 Die häufigsten Fehler beim Überkopf-Drücken

  • Ein verkürzter Bewegungsradius: Du solltest im Training immer bemüht sein, eine Übung über ihren vollen Bewegungsradius auszuführen, um den größtmöglichen Effekt zu erzielen. Beim Strict Press bedeutet das der Start von den vorderen Schulter- und Brustmuskeln bis zur kompletten Streckung der Arme über dem Kopf.

  • Schwung aus Hüfte und Beinen: Das Überkopf-Drücken wird ohne jegliche aktive Unterstützung aus dem Unterleib ausgeführt. Zwar gibt es Varianten wie den Push Press und den Push Jerk, die mit Schwung aus Beinen und Hüften arbeiten, um eine maximale Explosivität zu erzielen, jedoch verfolgen diese Techniken andere Ziele als der Strict Press.

  • Abweichung von der Ideallinie: Die Schwerkraft arbeitet stets in vertikaler Richtung Erde. Der physikalisch effizienteste Weg, ein Gewicht anzuheben ist daher immer, ein möglichst vertikaler Weg vom Boden zum Zielpunkt. Jede Abweichung erfordert zusätzliche Kraft, weshalb es immer das Ziel beim Strict Press ein sollte, unnötige “Kurven” und Extra-Wege zu vermeiden. Wenn du dich im Profil filmst, sollte der Weg deiner Stange im besten Fall wie entlang eines Lineals verlaufen.

Strict Press mit einer Langhantel

Korrigiere deine Technik

Die richtige Einschätzung, welche Position die Stange in Relation zum eigenen Körper einnimmt, verlangt einiges an Körpergefühl und ist gerade für Anfänger nicht immer ganz einfach festzustellen. Nimm Im Zweifel ein kurzes Video von dir selbst in der Profilansicht auf, um deine Technik zu überprüfen und Korrekturen vorzunehmen.

Nimm dir Pausen zwischen den Sätzen 

Bei der Schultermuskulatur, die beim Strict Press einen Großteil der Arbeit übernimmt, handelt es sich um eine Gruppe relativ kleiner Muskeln, die schnell ermüden und sich nur langsam erholen, wenn sie einmal überlastet wurden. Lass dir also ruhig zwei bis drei Minuten Zeit für eine Pause zwischen deinen Sätzen, um deinem Körper etwas Zeit zur Erholung zu geben, bevor du dich an das nächste Set machst.

Dein erstes Workout mit dem Strict Press 

Starte zunächst dein erstes Set mit der leeren Hantelstange und führe 8 bis 10 saubere Wiederholungen aus.  

Nimm dir danach wie oben beschrieben ein wenig Zeit zur Erholung. Wenn du dich selbst filmst, nutze die Zeit, um mit einem Video kritisch deine Technik zu überprüfen. Hast du alle wichtigen Aspekte beachtet? Bewegt sich die Stange möglichst gerade von deinen Schultern über den Kopf? Wenn dir Fehler auffallen, mache dir eine mentale Notiz und versuche, deinen Ablauf im nächsten Satz zu verbessern.

Baue in deinem nächsten Satz etwas zusätzliches Gewicht auf. Wenn du eher noch ein Anfänger im Langhanteltraining bist, können hier zwei Kilo an zusätzlichem Gewicht schon ausreichen. Wenn du bereit einige Erfahrung hast und Kraft aufbauen konntest, dann steigere vielleicht eher um fünf Kilo.

Military Press

Starte deinen nächsten Satz, dieses mal mit acht Wiederholungen. Lass dir anschließend wieder einige Zeit zur Erholung und prüfe idealerweise jedes mal deine Videoaufnahme. Steigere das Gewicht immer so weiter und reduziere deine Wiederholungen pro Satz, bis du das maximale Gewicht erreicht hast, dass du für fünf Wiederholungen in einem Satz bewegt bekommst.

Wenn du auf diese Weise dein 5-Wiederholungs-Maximum (“5 Rep Max”) ermittelt hast, bau wieder etwas Gewicht ab, bis nur noch etwa 80% des zuvor aufgebauten Gewichts auf der Stange verbleibt. Führe mit diesem 80%-Gewicht 5 weitere Sätze mit je 5 Wiederholungen aus. Lass dir wiederum jedes mal zwei bis drei Minuten Pause zwischen den Sätzen.

Glückwunsch! Du hast dein erstes Strict-Press-Workout mit der Langhantel absolviert! Notiere dir, wie viele Sets du mit welchen Gewichten geschafft hast und kommentiere, was dir dabei selbst bei deiner Technik aufgefallen ist.

In drei oder vier Tagen bist du bereit für die nächste Einheit und nun kannst du versuchen, die bisher erreichten Gewichte zu steigern!

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