An Widerstand und Herausforderungen wächst man. Genauer gesagt an steigenden Widerständen und Herausforderungen. Dieses Prinzip bezeichnet man auch als "Progression".
Erinnere dich mal an deine frühe Schulzeit zurück:
Als du angefangen hast, lesen zu lernen, musstest du noch mühsam einen Buchstaben nach dem anderen entziffern.
Genauso funktioniert auch das körperliche Training — und so ziemlich jede andere Fertigkeit, die du im Leben erlernen kannst.
Reiz, Erholung, Anpassung und Progression
Egal ob es um Kraft-, Ausdauertraining oder um das maximale Muskelwachstum geht — durch die Belastung während deines Workouts wird ein Reiz (”Stimulus”) in deinem Körper freigesetzt.
Der Körper braucht dafür ein klares Signal:
“Ich bin nicht stark genug, um die Belastungen zu bewältigen, denen ich ausgesetzt bin. Ich muss wachsen, belastbarer werden und Muskulatur aufbauen!”
Während der Erholungsphase nach dem Training (!) nutzt der Körper die ihm zugeführten Nährstoffe, um die Mikro-Schäden, die ihm während der Belastung zugefügt wurden, zu reparieren und stärker wieder aufzubauen. Dieser Prozess der Anpassung (”Adaption”) sorgt dafür, dass du mit den jeweils richtigen Reizen schneller, stärker oder ausdauernder wirst.
Durch diese Anpassungen werden Gewichte und Distanzen, die dir zu Beginn wie ein unüberwindbares Hindernis erschienen, schon bald immer leichter fallen. Dieses Gefühl des Fortschritts ist extrem befriedigend und erfüllend. Gerade zu Beginn deiner Fitness-Reise wirst du mit der richtigen Progression relativ schnell Erfolge erzielen. Allerdings wird dieser anfangs schnelle Fortschritt nur von einer gewissen Dauer sein, da sich dein Körper an den neuen Leistungsstandard angepasst hat – es sei denn, du stellst dich weiterhin neuen Herausforderungen.
Zeitgleich mit unseren Fortschritten müssen wir demnach auch unser Training schwerer gestalten (“progressive Überlastung”), um dem Körper weiterhin ein klares Signal zu senden.
“Schwerer” kann dabei verschiedenes bedeuten.
Mehr Wiederholungen sind schwerer
Wenn du dich an den Physik-Unterricht deiner Schule erinnern kannst, dann weißt du vielleicht noch, dass Leistungsfähigkeit sich aus der verrichteten Arbeit, geteilt durch die benötigte Zeit, bestimmen lässt.
Die einfachste Möglichkeit, die verrichtete “Arbeit” deines Workouts zu erhöhen, ist es, mehr Wiederholungen einer Übung am Stück durchzuführen oder längere Distanzen zurückzulegen.
Wenn du 5 Sätze mit je 3 Klimmzügen am Stück schaffst, dann solltest du im nächsten Training versuchen, in jedem der Sätze einen 4. Klimmzug durchzuführen. Mit der Zeit könntest du auch einen 6. Satz in deine Routine hinzufügen.
Entscheidend dabei ist, die saubere Form und kontrollierte Ausführung nicht für eine größere Wiederholungszahl zu opfern.
Mehr Gewicht ist schwerer
Je schwerer das zu bewegende Gewicht, desto höher die notwendige Muskelkraft, um die Übung auszuführen. Was für Übungen mit der Lang- oder Kurzhantel offensichtlich ist, funktioniert genauso gut auch mit Körpergewichtsübungen wie dem Klimmzug.
Um einen neuen Reiz zu setzen, könntest du beispielsweise die nächsten Male, wenn du Klimmzüge in dein Training einbaust, einen Rucksack aufsetzen und bei jeder Einheit eine zusätzliche Flasche Wasser hineinpacken.
So steigerst du von Training zu Training die bewegte Last, folgst dem Prinzip der Progression und wirst Woche für Woche stärker werden.
Mehr Kontrolle ist schwerer
Wir haben bereits in unserem Beitrag über Klimmzug-Varianten über die fantastischen Kraftzuwächse, die durch negative Wiederholungen ausgelöst werden, gesprochen.
Wenn du diese Methode einige Male ausprobiert hast, ist dir sicherlich aufgefallen, wie viel schwieriger es ist, einen negativen Klimmzug möglichst langsam und kontrolliert auszuführen, statt sich einfach nur nach unten in den Hang durchfallen zu lassen.
Turner und Calisthenics-Profis haben Körperkontrolle perfektioniert und zur Kunstform erhoben.
Ein großer Teil ihres Trainings geschieht dabei ausschließlich mit ihrem eigenen Körpergewicht. Um jedoch weitere Kraftsteigerungen zu erreichen, führen sie ihre Übungen mit maximaler Kontrolle, ohne Schwung oder sogar als isometrische Halteübung aus, bei denen sie über eine lange Zeit in anstrengenden Positionen verharren.
Weniger Erholung ist schwerer
Typisch für das Krafttraining sind Pausenzeiten zwischen 2 und 5 Minuten zwischen den Sätzen — aber das ist nirgends in Stein gemeißelt.
Als Variante in deinem Training könntest du also versuchen, die Wiederholungszahlen deiner Sätze gleich zu halten, aber von Einheit zu Einheit deine Pausenzeiten um einige Sekunden oder Minuten zu verkürzen.
So verrichtest du die gleiche Arbeit in geringerer Zeit – was eine höhere Leistungsfähigkeit bedeutet. Bedenke dabei allerdings, dass du mit dieser Technik weniger deine Maximalkraft, sondern eher deine muskuläre Ausdauer trainierst.
Der richtige Treibstoff für die nächste Etappe
Die richtige Ernährungsweise ist ein komplexes Thema und hier gehen die Meinung der Expertinnen und Experten oft auch stark auseinander. Einige Anhaltspunkte lohnt es sich dennoch zu wissen:
- Für den Anpassungsprozess braucht der Körper ausreichend Nahrung. Wenn dein wichtigstes Ziel also der Muskelaufbau ist, solltest du also etwas mehr Kalorien zu dir nehmen, als du während des Trainings und über deinen restlichen Alltag hinweg verbrauchst.
- Für eine hohe Leistungsfähigkeit während des Trainings nutzt der Körper vor allem Kohlenhydrate als Treibstoff. Kohlenhydrate findest du vor allem in großen Mengen in Kartoffeln, Reis und Getreideprodukten.
- Um die während des Training entstandenen Mikroschäden zu reparieren, benötigt der Körper anschließend vor allem Eiweiße (“Proteine”), als “Baumaterial” für deine Muskeln. Diese findest du vor allem in Fleisch, Fisch, Eiern oder Milchprodukten wie Skyr oder Magerquark.
Anpassung geschieht während der Erholung
Wie bereits beschrieben, vollzieht der Körper seine Anpassungen während der Ruhezeit nach der Belastung. Dementsprechend ist es sehr wichtig, das Thema “Erholung” mit einer gewissen Ernsthaftigkeit anzugehen, wenn du langfristig Fortschritte in deinem Training machen willst.
Achte darauf, ausreichend Schlaf zu bekommen. “Ausreichend” heißt dabei für jeden Körper etwas anderes – die meisten können aber von etwa 8 Stunden pro Nacht als Richtwert ausgehen.
Erhält dein Körper nicht ausreichend Ruhepausen zwischen den Belastungen, wird er auch nicht stärker werden oder sogar Rückschritte aufgrund der Erschöpfung machen. Im schlechtesten Fall steigt auch die Verletzungsgefahr… und nichts wird dich auf lange Sicht mehr in deinem Training zurückwerfen als häufige Verletzungspausen.
Lerne also die Signale deines Körpers zu verstehen! Muskelkater und Erschöpfung nach einem harten Workout sind normal und ein Zeichen, dass dein Körper gerade ein effektives Training hinter sich gebracht hat. Hält dieser Zustand jedoch eine oder gar mehrere Wochen an, ist es Zeit, vom Gas zu gehen und dem Körper etwas mehr Ruhe zu gönnen.
So wirst du mit der richtigen Progression auch langfristig Leistungssteigerungen verzeichnen und für viele Jahre schneller, stärker und ausdauernder werden!